Am 5.9. und am 6.9.19 war ich einmal mehr als Referent für das Betriebsverfassungsrecht im Einsatz. Das Seminar fand in Hamburg statt und vermittelte den Betriebsräten die erforderlichen betriebsverfassungsrechtlichen Grundlagen. Die Teilnehmer hatten Gelegenheit, ihre praktischen Probleme vorzubringen und Fragen zu stellen. Ich habe diese Anliegen rechtlich beleuchtet und in den thematischen Rahmen des Seminars eingebettet. Ein thematischer Schwerpunkt der Veranstaltung betraf die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats in einem konkreten Fall.
Die Themen des Seminars waren unter anderem:
Eine interessante Frage einiger Seminarteilnehmer betraf die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Im Seminar haben diese Betriebsräte geschildert, dass sich ihre Zuständigkeit auf drei Pflegeeinrichtungen erstreckt und der Arbeitgeber plant, eine Einrichtung neu zu errichten. Nach jetzigem Stand ist ungewiss, welche Auswirkungen sich hierdurch auf die Arbeitsplätze der in den Einrichtungen beschäftigten Mitarbeiter ergeben. Aufgrund der länger andauernden Bauzeit steht zu befürchten, dass Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren.
Die Diskussion der Betriebsräte konzentrierte sich sodann thematisch auf die Frage der Zuständigkeit des lokalen Gremiums. Das Vorhaben der Arbeitgeberseite stellt zweifellos eine Betriebsänderung nach § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG dar, weil es durch den Neubau zu einer Einschränkung des Betriebes kommt. Welches Gremium aber nimmt die durch eine Betriebsänderung vermittelten Beteiligungsrechte wahr und verhandelt Interessenausgleich und Sozialplan? Ohne Kenntnis der gesetzlichen Maßgaben vermuteten einige, dass diese Rechte vom Gesamtbetriebsrat wahrgenommen werden. Klarheit brachte erst ein Blick in das Betriebsverfassungsgesetz.
Die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats richtet sich nach § 50 Abs. 1 BetrVG:
Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können; seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Betriebe ohne Betriebsrat. Er ist den einzelnen Betriebsräten nicht übergeordnet.
In dem geschilderten Fall ist nicht das Gesamtunternehmen betroffen, da die Planungen des Unternehmens zum Neubau sich nur auf eine Einrichtung beziehen. Auch sind nicht mehrere Betriebe involviert. Bereits aus diesem Grund kommt eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nicht in Betracht. Dieser wäre nur dann zuständig, wenn z.B. auf der Grundlage einer Gesamtplanung des Unternehmens betriebsübergreifende Auswirkungen zu erwarten wären. Dies erscheint nicht gänzlich ausgeschlossen, da nach dem derzeitigen Sachstand noch nicht darüber entschieden ist, wie mit den betroffenen Mitarbeitern verfahren wird. Nicht auszuschließen ist, dass einige Mitarbeiter in anderen Einrichtungen „zwischengeparkt“ werden.
Ohne weitergehende Informationen ist jedoch von der Zuständigkeit des lokalen Betriebsrats auszugehen. Die im Seminar vertretenen Mitglieder des Gremiums verwiesen in diesem Zusammenhang jedoch auf ihre noch fehlende Erfahrung in den Bereichen Betriebsänderung, Interessenausgleich und Sozialplan. Ich habe ihnen daher die rechtliche Möglichkeit aufgezeigt, die Angelegenheit gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG auf den Gesamtbetriebsrat zu delegieren. In den Gesamtbetriebsrat werden in der Regel Betriebsratsmitglieder entsendet, die bereits über entsprechende Erfahrungen verfügen und aufgrund ihres Standings auch eine höhere Verhandlungsmacht besitzen. Strategisch wäre die Delegation von Beteiligungsrechten ein cleverer Zug, um dem Arbeitgeber bei den Verhandlungen auf Augenhöhe zu begegnen.
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